merkur.de 25.04.2018
Starkes Zeichen für Frieden und Europa
vonMagdalena Höcherl
Am Wochenende erlebt Wolfratshausen eine Premiere: Am Sonntag, 29. April, ist der „Internationale Tag der Partnerstädte“. Für die Bürger ist einiges geboten.
Wolfratshausen – Am Wochenende erlebt Wolfratshausen eine Premiere: Am Sonntag, 29. April, ist der „Internationale Tag der Partnerstädte“. Der Weltbund der Partnerstädte hat den Feiertag 1963 ins Leben gerufen. Die Loisachstadt feiert zum ersten Mal mit. „Aus allen Städten kommen Bürgermeister und Vertreter“, sagt Bürgermeister Klaus Heilinglechner. Das sei ein starkes Zeichen: Für den Weltfrieden und ein geeintes Europa „ist es wichtig, dass wir untereinander eng verbunden sind“. Wir stellen die Partner- und Freundschaftsstädte vor:
Bad Tölz
Die kürzeste Anreise haben die Gäste aus Bad Tölz. Die Kreisstadt mit rund 18 500 Einwohnern hat eine besondere Beziehung zu den Nachbarn im Norden. Als das bayerische Staatsministerium Wolfratshausen im Oktober 1961 vom Markt zur Stadt erhob, fungierte Bad Tölz symbolisch als Taufpate. Der damalige Wolfratshauser Bürgermeister Peter Finsterwalder hatte seine Geburtsstadt für diese Funktion vorgeschlagen. „Die beiden Kommunen hatten schon immer eine besondere Beziehung. Sie haben sich über viele Jahre immer wieder freundschaftlich geneckt“, sagt Bürgermeister Heilinglechner. Durch die Patenschaft soll der Kontakt der Kommunen, die seit 1972 einem Landkreis angehören, gefestigt und vertieft werden.
Barbezieux
Die am längsten währende Partnerschaft hat Wolfratshausen mit Frankreich: im September 1970 wurden die Verträge mit Barbezieux feierlich unterzeichnet. Die Kommune hat etwa 5000 Einwohner und liegt in der Charente in Frankreich. „Wir freuen uns auf die Delegation aus Barbezieux“, sagt Partnerschafts-Vereins-Chef Rainer Kebekus. Elf Personen, darunter Bürgermeister und einige Stadträte, besuchen die Loisachstadt anlässlich der Feier. Ein Gegenbesuch ist auch schon geplant: Alljährlich reist eine Wolfratshauser Gruppe nach Westfrankreich auf die Comice Agricole, eine Landwirtschaftsmesse, die in der Partnerstadt ausgerichtet wird. Dieser Wirtschaftszweig spielt für die französische Kommune eine große Rolle: In Barbezieux wird viel Wein angebaut.
Brody
Aus Brody kommen 16 Vertreter nach Wolfratshausen. Die Kleinstadt mit rund 23 200 Einwohnern liegt gut 1300 Kilometer entfernt im Westen der Ukraine. Dort leistet der Verein Osteuropahilfe Starnberg/Bad Tölz-Wolfratshausen seit fast 30 Jahren humanitäre Hilfe. Seit über sechs Jahren sind Wolfratshausen und Brody durch einen Freundschaftsvertrag offiziell verbunden. „Aber uns verbindet mehr als Freundschaft“, betont Ewald Hoppe, Vorsitzender der Osteuropahilfe. „Wir unterstützen hilfsbedürftige Menschen vor Ort mit Sachspenden, Dienstleistungen und direkter finanzieller Zuwendung.“ Damit möchten Hoppe und die Vereinsmitglieder „die Fäden zwischen den Kommunen enger knüpfen und die Menschen verbinden“.
Iruma
Die weiteste Anreise haben die Gäste aus Japan. „Wir erwarten acht Gäste aus Iruma“, sagt der Vorsitzende des Partnerschaftsvereins, Ludwig Gollwitzer. Darunter sei der Bürgermeister der Stadt, Tatsuo Tanaka. Fünf Musiker aus dem Land der aufgehenden Sonne sind ebenfalls dabei und richten am Samstag einen Trommelworkshop in der Loisachhalle aus. „Die Freundschaft mit Iruma ist etwas Besonderes“, sagt Gollwitzer im Gespräch mit unserer Zeitung. Vor allem, „weil es durch die freundliche und äußerst herzliche Aufnahme bei unseren japanischen Gastgebern jedes Mal ein Erlebnis für uns ist, Land und Leute, Kultur und Tradition kennen lernen zu dürfen.“ Alljährlich besucht eine Delegation aus der Loisachstadt die Partner anlässlich des traditionellen Mandho-Fest, dem Fest der 10.000 Laternen. Im vergangenen Jahr feierte die Städtepartnerschaft 30-jähriges Bestehen. Iruma befindet sich in der Präfektur Saitama in Japan und hat ist fast zehnmal so groß wie Wolfratshausen: 170.000 Menschen leben in der Partnerstadt.
Manzano
Eine Freundschaft mit Oberitalien pflegte die Flößerstadt seit 42 Jahren. Der Auslöser war eine Tragödie: 1976 ereigneten sich in Manzano zwei schwere Erdbeben, während eine Musikkapelle aus Italien in München zu Gast war. Auf der Heimreise machten die Musiker Station in der Loisachstadt. Eine Wolfratshauserin organisierte für die jungen Männer ein großes Frühstück und initiierte mit vielen Helfern eine Sammlung von Lebensmitteln und Kleidung für die Menschen in Manzano. Die 7000-Einwohner-Kommune liegt in Friaul-Julisch-Venetien. Sie ist bekannt für ihre Möbelindustrie und hat sich auf die Herstellung von Stühlen spezialisiert. Der größte Stuhl der Welt ist dafür das sichtbare Wahrzeichen. 13 Gäste besuchen den Tag der Partnerstädte.
Flottenboot „Oste“
Das Flottendienstboot „Oste“ ist das Patenkind von Wolfratshausen. Der Stadtrat um den ehemaligen Bürgermeister Helmut Forster hat 2003 die Patenschaft für das Marineschiff übernommen, dessen Heimathafen in Eckenförde (Schleswig-Holstein) liegt. Diese Verbindung geht auf einen Brauch zurück. „Früher suchten sich Marineschiffe Patenstädte, damit die Matrosen Landurlaub in anderen Regionen in Deutschland machen konnten“, erklärt Heilinglechner. „Heute haben wir zur ,Oste’ eine innige Beziehung und statten Schiff und Besatzung jedes Jahr einen Besuch ab.“ Im Gegenzug besuchen die Soldaten regelmäßig den Christkindlmarkt. Am Wochenende kommen 17 Mann von der Waterkant in die Flößerstadt.
Die Stadt Wolfratshausen begeht den „Internationalen Welttag der Partnerstädte“ bereits am Samstag, 28. April, einen Tag vor dem eigentlichen Datum. Das hat den Grund, dass in einigen Regionen Italiens am Sonntag Regionalwahlen stattfinden. Die Gäste aus Manzano müssen deshalb früh abreisen, denn in ihrer Heimat gibt es keine Briefwahl. Unter dem Motto „Wolfratshausen – weltweit miteinander verbunden“ sind alle Bürger am Samstag von 13 bis 17 Uhr in die Loisachhalle eingeladen. Der Eintritt ist frei. Jede Stadt präsentiert sich an einem Stand, wo Vertreter Rede und Antwort stehen will. Außerdem werden kulinarische Spezialitäten aus den verschiedenen Ländern angeboten. Der Kreisverband der Europa-Union, der heuer sein 65-jähriges Bestehen feiert, ist ebenfalls vertreten. Bereits am Freitag treffen die rund 80 Gäste in Wolfratshausen ein. Am Abend findet im Rathaus ein großer Empfang statt. Am Samstag um 11 Uhr werden die Delegierten mit einem Platzkonzert auf dem Marienplatz begrüßt. Neben der Trommlergruppe aus Iruma/Japan tritt der Chor „Bojan“ aus Brody/Ukraine auf. Die Wolfratshauser Jugendblaskapelle spielt, und Schüler der Musikschule singen irisch-bairische Lieder. An die Veranstaltung in der Loisachhalle schließt sich ein Festabend für geladene Gäste an. Ludwig Gollwitzer führt durch das Programm. Bevor die Besucher wieder abreisen, unternehmen sie am Sonntag zusammen mit den Partnerschaftsvereinen eine Schifffahrt auf dem Starnberger See. Am Nachmittag singt der Chor aus Brody in der Klosterkirche in Andechs.